Meine Lieblingsstadt Kathmandu

Meine Lieblingsstadt Kathmandu

Vielleicht ist sie es nicht auf den ersten Blick aber wenn man genau hinschaut, und weiß wo man hinschauen muss, entwickelt sich diese Stadt zu einem der vielfältigsten und kulturell reichsten Orte, die man sich vorstellen kann. Unser Hotel liegt in einer ruhigen Seitenstraße in Thamel, einem ansonsten weniger ruhigen Stadtteil Kathmandus. Thamel ist das Herz des Backpacker Tourismus. Es reihen sich Restaurants, Geschäfte mit Tankas, gefakter Northface-Kleidung und Antiquitäten aller Art aneinander. In den schmalen Straßen riecht es nach allerlei Räucherstäbchen und aus vielen Geschäften hört man das ständige om mani padme hum. Hier kann man alles finden: Kitsch, falsche Paschmina-Schals aber auch schöne und interessante Kunsthandwerksartikel wie sonst noch höchstens auf Bali. Halsketten, Dolche, Masken und Figuren der schier unüberschaubar vielfältigen Götterwelt des Himalaya, die uns Europäern oft so rätselhaft vorkommt.

Auch die Vielfältigkeit der Völker, denen wir bei unserm Spaziergang begegnen, ist faszinierend. Füllige indische Matronen, ein hagerer tibetischer Mönch, ein ärmlich gekleideter Mann aus Bihar, der seine Heimat verlassen hat, um hier sein Glück zu suchen, ein eleganter nepalesischer Gelehrter, würdig ergraut mit seinem typischen Schiffchen als Kopfbedeckung. An besten, man stürzt sich einfach in das Gewühl und genießt die Eindrücke „Relax and enjoy“ wie mir in der überfüllten U-Bahn von Delhi einmal ein junger Mann zurief. Links und rechts der Gasse öffnet sich uns eine andere Welt. In den Häuserblocks verstecken sich verschlafene Innenhöfe, in deren Mitte Stupas stehen - manchmal kleine, manchmal aber auch mehre Etagen hohe Exemplare, die schon seit Jahrhunderten den Mittelpunkt gelebter Religiosität bilden. Es geht ruhiger zu und man möchte nur sitzen, schauen und vor allem lauschen, lauschen auf das sanfte Kling Kling der Glöckchen an den Dächern und das Gemurmel der Gläubigen. Das alles hat fast eine hypnotische Kraft. Durch kleine niedrige Türchen sind viele dieser Innenhöfe untereinander verbunden. Wenn man einen Blick für diese Türchen hat, kann man sich durch die Stadt bewegen, ohne die Straßen benutzen zu müssen. Aber weiter geht es. Wir stürzen uns wieder in den Strom der Menschen.Kathmandu_SchreinDurbar Square KTM 2_FOC Sandra StieglerFahrradrikschas_FOC Sandra Stiegler

Leicht übersieht man die Perlen am Wegesrand. Unten am Gehweg steht eine kleine Statue von Shiva und Parvati auf dem Kailash, kaum 40 cm hoch aber etwa 900 Jahre alt. Wenige Meter weiter, an einem belebten kleinen Platz, eine Buddhastatue in einer Mauernische, vielleicht einen Meter hoch, eingezwängt zwischen zwei Geschäften – 1.500 Jahre alt. Normalerweise würden solche Schätze geschützt in Museen stehen – in Kathmandu werden sie täglich von den Gläubigen geschmückt.

Unweit sieht man in der Wand einen groben Klumpen Holz übersät mit eingenagelten Münzen. Dieses Gebilde hat zu tun mit den vielen zahnärztlich Praxen rundherum. Unter den Münzen verbirgt sich der Zahngott, dessen Heil man vor jedem Besuch der Ärzte anruft. Viel hilft viel. Alle paar Meter ein anderer Tempel mit den typischen gestaffelten Dächern. An den Pfeilern sind häufig wenig jugendfreie tantrische Motive zu sehen. Diese Verbindung von tiefer Spiritualität, geheimnisvoller Mystik und dieser offen zur Schau gestellten Sexualität berührt uns Europäer immer wieder seltsam. Vor uns öffnet sich nun der Durbar Square mit seiner unübersichtlichen Anzahl an Tempeln deren Dächer sich gegenseitig überragen. Dazwischen der klassizistisch anmutende Königspalast mit seinen griechischen Säulen. Am Ende ein ganz besonderes Gebäude: Der Tempel der Kumari eine Inkarnation der Göttin Kali. Alle paar Jahre wird ein kleines Mädchen als Inkarnation dieser Göttin bis zur ersten Menstruation inthronisiert. Zweimal am Tag zeigt sich die lebende Göttin ihren Gläubigen und auch uns.

Voll von Eindrücken wird es Zeit für ein wenig Ruhe. Entlang einer Backsteinmauer, an der viele Bettler hocken, treten wir ein in einen Hort der Stille. Unvermittelt steht man in einem Edwardianischen Garten. Wiesen, Beete, kleine Springbrunnen, Teiche, verliebte Paare. Die Geräusche der Straße dringen nur noch wie von weiter Ferne zu uns. Auf den Wiesen können wir uns ausruhen, das Gezwitscher der Vögel genießen und – ankommen. Auf dem Weg zum Hotel fällt ein kleiner Tempel auf, der etwas ist anders ist. Dieser Tempel wird durch schwere Eisengitter geschützt. Was ist dort? Dort liegt die erste Abschrift des Prajna Paramita Sutra, ein Schriftstück von unschätzbaren Wert. Abends gehen in Thamel die Lichter an und das Nachtleben erwacht. Aus jeder Bar klingt Musik, junge Menschen bevölkern die Straßen und die Rikschafahrer lauern auf Kunden. In einer Seitenstraße plötzlich wieder eine andere Szene. Wir betreten einen kleinen Garten, in den Bäumen hängen Lampions und man hört sanfte Musik. Dort kann man die Seele baumeln lassen und sich auf die Abenteurer des nächsten Tages vorbereiten.

Thomas Lüttger

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